Die Top-Manager der Teppichetage haben nichts aus der Wirtschaftskrise gelernt: Weiterhin lassen sie sich durch die von Kurzarbeit, Kündigung oder Lohnkürzung betroffenen Arbeitnehmenden ihre Lohnexzesse bezahlen. Höchste Zeit, mit der 1:12-Initiative diesem gierigen Treiben ein Ende zu setzen und gerechte Löhne zu fordern!
Die Entwicklungen der Lohnspanne in den vergangenen Jahren sind erschreckend: Seit 2002 hat sich die Lohnschere (in 27 vom Gewerkschaftsdachverband Travail.Suisse untersuchten Unternehmen) durchschnittlich um 72 Prozent geöffnet - Spitzenreiterin ist die ABB mit 264 Prozent. Während die Konzernleitungsmitglieder in den letzten sieben Jahren 83 Prozent mehr verdienten, stiegen die Nominallöhne der Arbeitnehmenden nur um 8.4 Prozent - real sogar nur um 1.3 Prozent. Die Vasellas und Brabecks schneiden sich also Jahr für Jahr ein grösseres Stück des Lohnkuchens ab. Ihre exorbitanten Saläre bezahlen die Arbeitnehmenden, indem sie auf Lohnerhöhungen verzichten müssen. Dass eine solche Entwicklung mehr Macht und Reichtum für ein paar wenige und geringere Lebensqualität für alle anderen bedeutet, liegt auf der Hand.
720 Jahre lang schuften
Der Lohnkuchen muss endlich gerecht verteilt werden. Die Lohnbandbreite muss beschränkt werden, um dem Boni-Wettkampf einen Riegel vorzuschieben und die tiefen Löhne anzuheben. Die 1:12-Initiative der JUSO setzt genau da an: Der höchste im gleichen Unternehmen bezahlte Lohn darf maximal das Zwölffache des tiefsten im Unternehmen bezahlten Lohnes betragen. In einer Firma soll in einem Monat niemand mehr verdienen, als jemand anderes in einem ganzen Jahr.
Die Realität sieht anders aus: Novartis-CEO Daniel Vasella kassierte 2008 40 Millionen Franken - 720 Mal mehr als die Angestellten mit dem tiefsten Lohn. Diese müssten 720 Jahre lang arbeiten, um den Jahresgehalt ihres Vorgesetzten zu erreichen. Geradezu zynisch mutet Vasellas Aussage an, Novartis werde sein Entlöhnungssystem nicht ändern, weil ein neues System zeitaufwendig erklärt werden müsse. Alle Mitarbeitenden würden doch wohl eine Lohnerhöhung in den unteren Lohnstufen und eine Lohnkürzung bei den Top-Managern verstehen...
Bei einer Umsetzung der 1:12-Initiative wird Vasella seinem Millionen-Salär Adieu sagen müssen: Bei einem aktuellen Tiefstlohn von 56 000 Franken pro Jahr könnte er maximal noch 672 000 Franken verdienen - nach wie vor eine stattliche Summe. Sollte er ein höheres, «marktüblicheres» Salär wollen, müssten die unteren Löhne angehoben werden - was die Kaufkraft und die Lebensqualität vieler steigern würde.
Wider dem neoliberalen Credo
Die Damen und Herren der Teppichetage rechtfertigen ihre Gagen mit der Verantwortung, die sie zu tragen haben, und mit ihrer Leistung, die sie für das Unternehmen erbringen. Leistung und Verantwortung heissen in Wahrheit Schamlosigkeit und Gier. Die aktuelle Politik hat es jedoch verpasst, griffige Massnahmen zu setzen, um dieser Gier Einhalt zu gebieten, um gerechte Löhne auszuzahlen, und um die Lohnschere zu minimieren. Dies verwundert nicht, glauben die Bürgerlichen doch weiterhin dem neoliberalen Credo der Selbstregulierung des Marktes. Sie verabscheuen jegliche staatliche Eingriffe - es sei denn, eine UBS müsse gerettet werden.
Nicht zuletzt zielt die Initiative genau darauf ab, was den Neoliberalen ein Dorn im Auge ist: Nicht die Wirtschaft soll über die Politik bestimmen. Vielmehr muss die Politik, und somit die Bevölkerung, die Spielregeln festlegen, nach denen die Wirtschaft zu funktionieren hat. Wir wollen ganz klar mehr demokratische Mitbestimmungsmöglichkeiten in der Wirtschaft. Die normalen Arbeitnehmenden müssen endlich ihren Anteil am wirtschaftlichen Erfolg zurückerhalten und sollen nicht länger die Boni-Exzesse bezahlen müssen. Die 1:12-Initiative ist ein erster Schritt in Richtung Demokratisierung der Wirtschaft - weitere müssen folgen. Doch es ist ein erster, nötiger Schritt, um für gerechte Löhne zu kämpfen. Und um Vasella und Co. zu zeigen, dass 1 zu 720 einfach nur schamlos, ungerechtfertigt und menschenverachtend ist.