Aeppli gegen die Uni

07.03.2012

Im Herbst 2009 besetzten mehrere hundert Studierende den grössten Hörsaal der Universität Zürich (UZH). Eine ihrer Forderungen: Keine Erhöhung der Studiengebühren! Die Forderung könnte aktueller nicht sein.

Reiche Eltern für alle!

Bereits heute können sich viele Studierende ihr Studium nur noch mit Ach und Krach finanzieren. Durch die voranschreitende Verschulung des Studiums mit der missglückten Bologna-Reform wird die Situation zusätzlich verschärft, namentlich durch Präsenzpflichten. Sie machen es den Studierenden immer schwieriger, neben dem Studium einer Erwerbstätigkeit nachzugehen und sich damit das Studium selber zu finanzieren. Gerade im teuren Zürich sind sie so immer stärker auf finanzielle Unterstützung durch die Eltern angewiesen. Was für Goldküsten-Sprösslinge kein Problem ist, wird für weniger betuchte Studierende und ihre Familien schnell zur Schuldenfalle.

Frontalangriff auf Bildungsqualität und Chancengleichheit

Um es vorweg zu nehmen: Höhere Studiengebühren haben schwerwiegende negative Konsequenzen für die Bildungsqualität auf Hochschulstufe im Kanton Zürich. Sie führen zu einer finanziellen anstatt qualitativen Selektion der Studierenden. Potentiell gute Studierende können ihr Studium gar nicht mehr antreten, weil sie es sich nicht leisten können. Besonders stark davon betroffen sind Kinder aus ohnehin schon bildungsferneren Schichten und aus dem Ausland. Die Uni Zürich wird zum inzestuösen Sammelbecken reicher Goldküsten- und Seefeld-Sprösslinge deren Studium von den Eltern finanziert wird. Internationalität, kritisches Hinterfragen vorherrschender Theorien und der anregende Austausch von Studierenden mit völlig unterschiedlicher Herkunft und Lebenserfahrung bleiben auf der Strecke. Und mit ihnen das hervorragende Renommée der Uni Zürich.

Doch damit nicht genug. Finanzielle Selektion an öffentlichen Bildungsstätten ist obendrein auch noch diskriminierend. An den staatlichen Universitäten sollen die hellsten Köpfe studieren, nicht die reichsten. Um das sicherzustellen sind die Unis Teil des Service public, also der staatlichen Leistungen an die Allgemeinheit. Genau dieses Erfolgsmodell wird jedoch mit der Verlagerung der Kosten vom Staat auf die Studierenden – z.B. mit höheren Studiengebühren – ausgehöhlt.

Sozialdemokratische Bananenrepublik

Gerade einer sozialdemokratischen Bildungsdirektorin müsste das klar sein. Dass es trotzdem ausgerechnet sie war, welche dem Unirat die Erhöhung in vorauseilendem Gehorsam gegenüber den Bürgerlichen beantragte, ist absolut inakzeptabel. Und das nicht erst, seitdem sich im Juni 2010 der Parteitag der SP Kanton Zürich auf Antrag der JUSO unmissverständlich gegen eine Erhöhung der Studiengebühren aussprach. Seit ebendiesem Entscheid wäre es jedoch offizielle Aufgabe der SP-Führungsriege, solche Eskapaden ihrer Regierungsrätin zu verhindern – oder zumindest deutlich erkennbare Opposition gegen derart unsinnige Vorhaben zu betreiben, die auch noch in so krasser Weise gegen einen ausdrücklichen PT-Entscheid verstossen. Doch Fehlanzeige.

Es scheint einmal mehr an der JUSO zu sein, für eine echte Sozialdemokratie zu kämpfen. Für eine kämpferische, ehrliche und tatsächlich eben auch soziale Sozialdemokratie, gegen Feigheit und Bequemlichkeit, die sich bei einigen ExponentInnen breit gemacht haben. Niemals darf es akzeptabel werden, dass eine Sozialdemokratin einen derartigen Kniefall vor den Bürgerlichen veranstaltet und dabei die sozial Schwächeren ohne mit den Augen zu zwinkern verrät – in diesem Fall die Studierenden.

Immer zu kämpfen ist nicht einfach. Wer kämpft, wird zwangsläufig auch zwischendurch verlieren, was mitunter schmerzhaft sein kann. Und doch sind wir es unseren WählerInnen und nicht zuletzt den Schwachen in unserer Gesellschaft schuldig, immer wieder den Kopf hinzuhalten und zu kämpfen. Denn stellen wir uns nicht mehr vor sie, tut es überhaupt niemand mehr.

Seriöse Investitionen anstatt billige Sparmassnahmen

Und wir müssen nicht nur Schild der Schwachen sein, sondern auch ihr Speer. Der Kanton Zürich ist seit Jahren geprägt und gezeichnet von verschwenderischen Steuergeschenken an Bonzen und Superreiche einerseits und zerstörerischen Sparpaketen andererseits. Die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung leidet unter der Politik der leeren Kassen, welche die Bürgerlichen kultiviert haben. Es ist an uns, ihr tragfähige Alternativen entgegenzusetzen.

Eine solche Alternative ist die Bonzensteuer-Initiative. Sie will Einkommen über 2 Millionen Franken mit knapp 1% besteuern – also die 2% der Bevölkerung, welche in den letzten Jahren parasitär Steuergeschenk um Steuergeschenk gefordert und erhalten haben. Dadurch dürften gegen 100 Millionen Franken an zusätzlichen Steuereinnahmen zur Verfügung stehen. Und das, ohne auch nur eine einzige Person in seiner Existenz zu bedrohen oder auch nur in seiner freien Entfaltung einzuschränken.

Die geplante Erhöhung der Studiengebühren hingegen wird genau dazu führen. Sie wird jungen Menschen – und seien es nur vereinzelte – ihren Traum vom Studium zerstören. Sie wird dazu führen, dass intellektuelles Potenzial verschwendet und die Innovationskraft beschnitten wird. Und das alles für im Vergleich lächerliche Mehreinnahmen von rund 4 Millionen Franken.

Es ist an uns, nicht mehr einfach still und brav sitzen zu bleiben und diesen Wahnsinn zu akzeptieren. Es ist an uns, aufzustehen und unmissverständlich „So nicht!“ zu sagen, gegen innen und gegen aussen. Und es ist an uns, unsere Alternativen auf den Tisch zu legen und die anderen dazu zu bringen, sie ernstnehmen zu müssen. Die Argumente sind auf unserer Seite.

>> Schreibe Regine Aeppli ein Protestmail.

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