Die JUSO Kanton Zürich ist erfreut darüber, dass ihre Resolution, die an der letzten Delegiertenversammlung 2013 der Nationalpartei in St. Gallen verabschiedet wurde, nun auch den Gefallen der SP-Delegierten fand. Dass namhafte Genossinnen und Genossen sich dem Ansinnen eines Prostitutionsverbotes von konservativ-christlicher Seite anschlossen, ist inakzeptabel und war Auslöser für uns wichtige Tatsachen vor illusorischem Moralismus in den Vordergrund zu stellen. Wir stehen hinter den Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter, die für gerechte Arbeitsbedingungen, eine Gewerkschaft und Anerkennung von Staat und Gesellschaft gegen Ausbeutung und Arroganz gleichermassen kämpfen!
Vom "Modell Schweden" inspiriert wird auch in der Schweiz die Forderung nach einem Verbot der Prostitution laut. So vielfältig die Argumentationen dahinter sind, so unvereinbar sind sie mit dem materialistischen Sozialismus. Dieser erkennt im Kapitalismus ein Grundübel, das sich durch Jahrhunderte unserer Geschichte zieht: Durch mannigfache historische Entwicklungen entstand ein Bürgertum, das über wirtschaftliche Produktionsmittel verfügt und mit diesen Besitzlose faktisch dazuzwingen kann, der Vermehrung ihres investierten Kapitals durch Lohnarbeit zu dienen. Davon abgesehen, dass Prostituierte meistens im illegalen Rahmen von Menschenhändlern und Zuhältern ausgebeutet werden, ist der Arbeitsrahmen derselbe. Wir müssen für gerechte Arbeitsbedingungen, die Selbstorganisation der Arbeitenden und für Wege und Mittel der Zurwehrsetzung kämpfen. In der Resolution schlug die JUSO Kanton Zürich weitere wichtige Wege vor, um verschleppten Frauen zu helfen (so z.B. ein moderner rechtlicher Status, der ihnen bei der Mitbekämpfung von Menschenhandel und Zuhälterei Sicherheit garantiert).
Dabei ist festzuhalten, dass die Argumente der BefürworterInnen diese Realität verschweigen. In Schweden führte das Verbot der Prostitution lediglich dazu, dass sie in den illegalen und verdeckten Raum - sprich aus dem Auge der Öffentlichkeit und der Behörden - verschwand. Darüber und über ihr entstandenes Leid berichten zahlreiche Betroffene aus dem skandinavischen Land selbst in namhaften Zeitungen wie z.B. dem Spiegel. Auch die Behauptung, dass dieser Schritt zu einer Minderung des Menschenhandels beigetragen hätte, muss unter geopolitischen und migrationsrechtlichen Gesichtspunkten zumindest relativiert werden. Sogar die "Göttinger-Studie", die einen Zusammenhang zwischen liberaler Gesetzgebung bezüglich Prostitution und Menschenhandel erzeugen will, liefert nur Argumente für unsere materialistische Analyse. Die Studie ignoriert schlichtweg den bedeutsamen Unterschied zwischen Prosititution in Legalität und im Untergrund - allein wo die Prostitution im Untergrund keine rechtliche Handhabe erfährt, floriert der Menschenhandel. Genau das wäre die Folge eines Verbotes, wie besonders dort zu erfahren ist, wo die Prostitution diskriminiert und an den Rand der Gesellschaft gedrängt wird; beispielhaft dafür stehen viele Länder des arabischen Raums.
Aus feministischer Perspektive ist klar: Die mindere Stellung der Frau, die sich bis heute durch viele Bereiche der westlichen und anderer Gesellschaften zieht, ist in diskrminierenden Rollenbildern zu finden. Sie bestehen bis heute bei der Berufsauswahl, bei der Arbeitsbewertung, beim persönlichen Umgang mit Sexualität und bei der gesellschaftlichen Anerkennung. Es muss unsere Aufgabe sein, dass jede mehrwertschöpfende Arbeit von solchen Rollenbildern befreit ist und keine Geringschätzung und darausfolgende Unterdrückung erlauben. Männer und Frauen, die freiwillig oder nicht der Sexarbeit nachgehen, verdienen das Recht auf Gleichbehandlung beim Umgang mit Sexualität. Ein Prostitutionsverbot stellt sich auf die Seite der Vorurteile und nennt Sexarbeit unwürdig, da eine Prostituierte eine Opferfrau einer Männerwelt sei. Wir sagen: Sex muss von allen Ketten, die Menschen konstruieren und mit denen sie Ungerechtigkeit rechtfertigen möchten, befreit werden!
Wir untersützen Ansätze, die bis heute besonders Österreich ausgezeichnet haben. Diese verbinden ein harsches Vorgehen gegen Menschenhandel und einen regulierte Basis für selbstbestimmte und freiwillige Sexarbeit. Selbst die vielen Frauen, die lediglich unter juristischen Gesichtspunkten "freiwillig" Prostituierte sind, erhalten dort die Chance auf eine geschützte und anerkannte Stellung, die ihnen ein Einkommen sichert. Der Kampf gegen den Kapitalismus ist ein Kampf gegen Ausbeutung und Fremdbestimmung, für eine Welt ohne Zwang und ungerechte Besitzverhältnisse. Jeder Mensch soll einer existenzsichernden Arbeit nachgehen können, mit der er sich verwirklichen kann - ohne sich dafür vor irgendjemandem moralisch oder sonst wie rechtfertigen zu müssen.
31.03.2014