Wer in der Politik aus vermeintlichem Anstand Tatsachen nicht beim Namen nennt und Kritik flüstert, lebt gefährlich: Er läuft in Gefahr, nicht gehört zu werden und das Nicht-Gehört-Werden ist der Tod eines jeden Politikers. Das heisst nicht, dass in jeder Situation jede Art von Provokation gerechtfertigt ist. Es ist auch keine Aufforderung an die SP, in Zukunft Regierungsräte mit fatalen Abbauplänen in der Bildung mit Teufelshörnchen darzustellen. Nur kann der kantonale SP-Präsident Daniel Frei noch so lange in jedem öffentlichen Statement brav die Fehlentscheide der Finanzkommission des Kantonsrats kritisieren – interessieren wird es niemanden. Er kann sich auch lange darüber ärgern, dass bei provokativen Aktionen nur über Verpackung und nicht über Inhalt geredet wird. Aber es ist eine traurige Tatsache, dass die Linke die Fähigkeit verloren hat, ihren Inhalten Gehör zu verschaffen. Dazu müsste sie sich endlich von ihrer Vorsichts-und-Rücksichts-Kommunikation verabschieden und Dinge klar beim Namen nennen.
Genau das macht die JUSO. Sie provoziert, ist laut und ungemütlich und das ist nicht jedermanns Sache – muss es auch nicht sein. Viele mögen die eine oder andere Aktion für übertrieben oder unangebracht halten. Aber es ist nicht zu leugnen, dass die JUSO damit den Finger auf Themen legen kann, die sonst totgeschwiegen werden. Dadurch erhält nicht zuletzt die SP eine Plattform. Wie sie diese Plattform nutzt, ist indes ihr überlassen: Sie kann die paar Minuten Aufmerksamkeit, die ihr TeleZüri beschert, dafür verschwenden, über die Stillosigkeit der JUSO zu lamentieren und so selbst nur über die Verpackung reden. Oder aber sie wischt die Aktionen ihrer Jungspunde mit einem Lächeln und einem Augenzwinkern beiseite und redet dann aber den wahren Skandal: Eine Bildungsdirektorin, die öffentlich darüber nachdenkt, Schulgebühren einzuführen und einen Regierungsrat, der bei der Bildung rund 50 Millionen zusammenstreichen will. Silvia Steiner kann sich nämlich (vermutlich nicht zuletzt dank eines gewieften PR-Beraters im Hintergrund) ganz ausgezeichnet selbst gegen Attacken von Links wehren, dazu braucht sie die Hilfe der SP nicht.
Die JUSO wird sich definitiv weiterhin ab und zu etwas Spass gönnen. Vielleicht wäre es also für die SP an der Zeit, sich zu überlegen, wie sich künftig damit umgehen will und was sie vielleicht sogar von ihrer Jungpartei lernen kann.
Nina Hüsser, Co-Präsidentin JUSO Kanton Zürich
Dieser Beitrag erschien am 26.02.2016 im P.S.
26.02.2016