Gegen die Schweizer Kriegsgeschäfte

26.10.2020 - Nadia Kuhn

Kriege und bewaffnete Konflikte wüten überall auf der Welt. Viele dieser Konflikte gehen in der Flut der Medienberichterstattung verloren. Sichtbar aber werden sie, wenn man den stetig steigenden Umsatz der Rüstungsindustrie betrachtet: Das Geschäft mit dem Tod floriert. Die Kriegsgeschäfte-Initiative will verhindern, dass sich die Schweiz daran beteiligt.

2019 starben weltweit 75'600 Personen in insgesamt 152 kriegerischen Situationen. Die in diesen Konflikten eingesetzten Waffen werden von Rüstungsunternehmen auf der ganzen Welt hergestellt. Sie werden entweder an die Konfliktparteien verkauft oder gelangen durch die Hintertür in die Konfliktgebiete. Das Volumen des internationalen Waffenhandels stieg zwischen 2009-13 und 2014-18 um 7,8 Prozent und erreichte damit den höchsten Stand seit dem Ende des Kalten Krieges.

Es gibt unzählige Ansätze und Wege, Kriege präventiv zu verhindern und Eskalationen zu beruhigen. Die seit dem Ende des Kalten Krieges anhaltende militärische Aufrüstung der gesamten Welt gehört aber ganz klar nicht dazu. Jahr für Jahr wird mehr Kriegsmaterial produziert und verkauft, die Welt gibt immer mehr für ihre Armeen aus. Dieses Übervorhandensein von Waffen ist eine tickende Zeitbombe. Nicht nur, weil einmal entfachte Konflikte sehr schnell in unnötiger Waffengewalt ausarten können, sondern auch, weil die Militär- und Rüstungsausgaben die verfügbaren Ressourcen für wirtschaftliche, ökologische und soziale Investitionen und Massnahmen verschleissen. Von diesem Missverhältnis zwischen militärischer und ziviler Sicherheitspolitik profitiert vor allem die Rüstungsindustrie: 2019 wurden pro Weltbürger*in fast 250 Franken für das Militär ausgegeben. Das entspricht gegenüber dem Vorjahr einer Steigerung von 3,6% und stellt 2,2% des globalen Bruttosozialprodukts dar.

Die Rolle der Schweiz

Bevor Kriegsmaterial jedoch produziert und Konfliktparteien mit Waffen versorgt werden können, muss die Rüstungsindustrie erst einmal finanziert werden. Hier spielt die Schweiz eine zentrale Rolle: Rüstungsunternehmen sind genauso wie andere Unternehmen auch auf Drittmittel angewiesen, die sie auf den Finanzmärkten in Form von Aktienkapital, Anleihen oder kurzfristigem Fremdkapital aufnehmen. Die Schweiz hat einen der grössten und wichtigsten Finanzplätze der Welt und verwaltet 27% des grenzüberschreitenden Vermögens weltweit. Ungefähr die Hälfte dieser Gelder stammen aus dem Ausland. Beim Rest aber handelt es sich um Geld, das der Schweizer Bevölkerung gehört – etwa Privatvermögen, aber genauso Gelder aus der beruflichen und privaten Vorsorge. Via Banken, Vorsorgefonds und Versicherungsgesellschaften gelangt dieses Geld in die Rüstungsindustrie. Ein Beispiel: Eine Pensionskasse, die einen Teil ihres Anlagevermögens in Aktien im Ausland investiert und dafür Standard-Vorlagen von internationalen Aktienmarkt-Indexfonds verwendet, investiert ebenfalls unweigerlich in den Atomwaffenproduzenten Lockheed Martin, da der Konzern beispielsweise einen Anteil von 0,24% am MSCI World, einem der gängigsten internationalen Aktienmarkt-Indexfonds, hat.

Das Geld, das über unsere Banken, Vorsorgefonds und Versicherungsgesellschaften in die Rüstungsindustrie gelangt, macht uns zu Kompliz*innen von Unternehmen, die von Kriegen profitieren – oft ohne unser Wissen. Deshalb ist ein Mitentscheidungsrecht darüber, wie unser Geld investiert wird, dringend notwendig. Zudem kann sich die Schweiz als neutraler Staat mit humanitärer Tradition Politik der Gewinnmaximierung auf Kosten von Menschenleben nicht leisten.