«Grüezi, ich sammle Unterschriften für die Klimainitiative. Haben Sie kurz einen Moment Zeit?» Diesen einen Satz dürfte ich am Anfang des Jahres wahrscheinlich mehrere hundert Mal gesagt haben.
Vor fast genau einem Jahr haben wir, die JUSO Zürich Unterland, mit der Unterschriftensammlung für unsere erste eigene Volksinitiative begonnen – und das gleich in zwei Städten!
Mit der Klimainitiative fordern wir, dass Kloten und Opfikon bis spätestens 2030 klimaneutral werden sollen. Klimaneutral bedeutet, dass der CO2-Ausstoss nur so hoch ist, wie er durch natürliche und technologische Möglichkeiten wieder kompensiert werden kann. Für die beiden Städte bedeutet dies, dass eine massive Reduktion des CO2-Ausstosses stattfinden muss.
Vor den Kopf gestossen
Die Idee, diese Initiative zu lancieren, kam eher spontan. Im Frühjahr 2019 haben die Gemeindeparlamente der beiden Städte den sogenannten «Klimanotstand» nicht ausgerufen und sich auch sonst nicht auf strengere Massnahmen in der Klimapolitik eingelassen. Wir fühlten uns damals sehr vor den Kopf gestossen.
Tausende von jungen Menschen in unserem Land, darunter auch viele unserer Mitglieder und nicht zuletzt auch ich persönlich, haben in den Monaten zuvor mit viel Leidenschaft und Engagement eines der drängendsten Probleme der Menschheit, die Klimakrise, ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gebracht.
Es machte uns daher zurecht wütend, mit welcher beispiellosen Arroganz die herrschende «Classe Politique» in unseren Städten, namentlich Vertreter*innen der FDP, SVP und CVP, die zentralste Forderung der jungen Generation – der Zukunft unseres Landes – ignoriert hat.
Lieber entziehen sich unsere Politiker*innen der Verantwortung und retten sich in scheinheilige Floskeln und Absichtserklärungen. Uns war klar: wenn wir weiterhin so verantwortungslos handeln, dann werden wir den Karren bald an die Wand fahren und eine noch nie dagewesene Katastrophe erleben. Wir wollten daher die Zügel selbst in die Hand nehmen und unsere Städte zu einer wirksamen Klimapolitik zwingen.
Stadtregierungen raten zur Ablehnung
Im Juni konnten wir die Klimainitiative mit mehr als 800 Unterschriften bei den Stadtverwaltungen einreichen. Mittlerweile haben sich die Stadträte mit der Initiative befasst und ihre Anträge an die Gemeinderäte präsentiert.
In Kloten wie auch in Opfikon empfehlen die Stadtregierungen die Initiative zur Ablehnung. Zum Teil mit denselben Argumenten, mit denen damals der Klimanotstand verhindert wurde. Die Initiative sei nicht umsetzbar, «wir machen schon genug» und «alleine können wir nichts bewirken», liest man in den Botschaften der Magistratinnen und Magister. Aber ist es wirklich so? Ist es so unmöglich, in zehn Jahren klimaneutral zu werden?
Das Konzept der Klimaneutralität ist keine Schweizer Erfindung. Überall auf der Welt haben Kommunen, Regionen und sogar ganze Nationen erklärt, dass sie sich einer konsequenten Klimapolitik verschreiben werden. Viele Städte haben sich bereits das Ziel gesetzt, vor dem Jahr 2050 den CO2-Ausstoss auf Netto-Null zu senken. Darunter sind Städte wie Bern, Köln oder auch Zürich.
Musterbeispiel Kopenhagen
Eine besonders erwähnenswerte Klimapolitik verfolgt Kopenhagen. Die dänische Hauptstadt wird voraussichtlich in fünf Jahren das Ziel der Klimaneutralität erreichen, unter anderem auch durch eine klimafreundliche Mobilitätspolitik.
So wurden durch die ganze Stadt hinweg kilometerweise sichere Velo-Schnellwege errichtet. Aber auch die öffentlichen Verkehrsmittel wurden ausgebaut. Mit Erfolg: Weniger als ein Drittel der Haushalte in Kopenhagen besitzen noch ein Auto. Auch in der Energiepolitik wurden Innovationen und energetische Bauweisen gefördert, sodass die gesamte Strom- und Wärmeversorgung bis 2025 auf erneuerbare Energien umgestellt ist.
Und diese ganzen Massnahmen wurde von der Bevölkerung in Kopenhagen mitgetragen. Auch, weil sie zu keinen Mehrbelastungen geführt haben, sondern die Lebensqualität in der Stadt dadurch erhöht wurde. Kopenhagen ist ein Musterbeispiel für eine gelungene Klimapolitik.
Nicht auf neue Technologien warten
Nun aber zurück zu Kloten und Opfikon. Auch hier haben wir Handlungsspielräume, die wir bewusst für klimafreundliche Massnahmen einsetzen können.
So wäre es beispielsweise eine Idee, Velo-Schnellwege durch die ganze Stadt zu errichten, die Stadtzentren vom Autoverkehr zu befreien, Parkplätze abzubauen oder den Viertel-Stunden-Takt bei unseren Ortsbussen einzuführen. Auch energetische Sanierungen und der Umstieg auf erneuerbare Heiztechnologien können von den Stadtverwaltungen stärker gefördert werden.
Wir müssen nicht auf neue Technologien und Ideen warten. Nein, diese sind schon längst da. Was unsere Städte brauchen, sind mutige Entscheidungsträger*innen, die bereit sind, neue Wege einzuschlagen und das Alte hinter sich zulassen.
Die Klimainitiative fordert keine Utopie. Ganz im Gegenteil. Sie fordert das, was andernorts schon lange funktioniert. Wenn sich unsere Städte einem ehrgeizigerem Klimaziel verschreiben, dann hat das eine Signalwirkung. Vielleicht nicht international, aber doch in der Schweiz und im Kanton Zürich. Andere Gemeinden werden angespornt, das Gleiche zu tun. Und dadurch können wir gewinnen.
Denn eins ist klar, die Klimakrise ist die zentrale Herausforderung unseres Jahrhunderts. Wir brauchen jetzt ein schnelles und wirksames Handeln. Das ist leider noch nicht bei allen angekommen. Darum sind mutige Gemeinde und Städte, die eine Pionier*innenrolle einnehmen, so wichtig. Als Klotener würde es mich sehr stolz machen, wenn ich sagen dürfte, dass ich in einer dieser Pionier*innenstädte wohnen darf.