LEBEN OHNE RECHTE

20.10.2019 - Pascal Wacker

Wer sich ohne Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz aufhält, lebt einen prekären Alltag: Sans-Papiers sind in unserem Land Menschen zweiter Klasse.

«Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geist der Brüderlichkeit begegnen.», so lautet Artikel 1 in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, verabschiedet am 10. Dezember 1948.

Die schweizerische Verfassung unterscheidet zwischen den Grund- und Bürger*innenrechten. Während die Bürger*innenrechte nur für Schweizer Staatsangehörige gelten, müssen die Grundrechte auch für Menschen ausländischer Herkunft während ihres Aufenthalts in der Schweiz gültig sein.

In der Schweiz leben zwischen 90‘000 und 250‘000 sogenannte Sans-Papiers.

Sans-Papiers, das sind Menschen, welche sich ohne Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz aufhalten. Teilweise handelt es sich um Geflüchtete, teils um Menschen, deren Aufenthaltsbewilligung abgelaufen ist – oder, die ihre Bewilligung durch andere Vorfälle wie beispielsweise eine Scheidung verloren haben. Falls kein Härtefall vorliegt, sieht das Gesetz vor, dass Sans-Papiers die Schweiz umgehend verlassen.

Weil sich Sans-Papiers vor einer solchen Ausschaffung schützen müssen, entsteht eine Zweiklassengesellschaft, in der Sans-Papiers praktisch keine Rechte haben.

Dies steht im Widerspruch zu den Menschenrechten. Für Betroffene, welche in stetiger Unsicherheit leben und Angst haben, von den Behörden entdeckt zu werden, bedeutet der Status als Sans-Papier eine massive psychische Belastung. Arbeitsbedingungen von Sans-Papiers sind meist prekär: Grösstenteils sind sie gezwungen, ohne Arbeitsvertrag zu arbeiten, was ausbeutenden Arbeitsverhältnisen Tür und Tor öffnet. Die Wohnungssuche ohne Aufenthaltsstatus ist praktisch aussichtlos und auch der Zugang zur Gesundheitsversorgung ist aus Angst vor einer Ausweisung stark eingeschränkt.

Kein Mensch sollte gezwungen sein, in einer solch menschenunwürdigen Lage leben zu müssen. Wir fordern deshalb eine kollektive Regularisierung von Sans-Papiers sowie deren Zugang zur Berufslehre.