Veganuary?

28.02.2022

Vor einem Monat ging ein weiterer Januar zu Ende und viele Menschen hatten sich unter dem Motto Veganuary einen Monat lang vegan ernährt. Jedes Jahr steigt die Zahl der Teilnehmer*innen[1].

Generell stieg die Zahl der sich vegan ernährenden Menschen in der Schweiz in den letzten Jahren deutlich an[2]. Dies liegt am steigenden Bewusstsein in der Bevölkerung, was das Tierleid und die Klimakatastrophe betrifft.

Trotzdem bleibt die Zahl der Veganer*innen und Vegetarier*innen im Vergleich zur Gesamtbevölkerung niedrig. Woran liegt das und was kann die persönliche Entscheidung einer veganen Ernährung bewirken?

Dass eine vegane Ernährung weniger Treibhausgase verursacht als eine durchschnittliche Ernährung, bei der 51 Kilogramm Fleisch im Jahr, bzw. 140 Gramm am Tag konsumiert werden, ist Fakt.[3] Ungefähr 700 kg CO2 können so pro Person und Jahr eingespart werden. Auch was den Wasserverbrauch angeht, ist eine vegane Ernährung deutlich umweltfreundlicher als eine konventionelle, da die Herstellung eines einzelnen Rindfleischburgers ungefähr 2350 Liter Wasser verbraucht (etwa 15 Badewannen), während es bei einem Sojaburger gerade einmal 158 Liter (etwa eine Badewanne) sind. Auch bei Milch lässt sich ein deutlicher Unterschied feststellen. So verbraucht die Herstellung eines Liters Kuhmilch über tausend Liter Wasser (6 Badewannen), während es bei Sojadrink gerade einmal knapp 300 Liter (zwei Badewannen) sind[4].

Häufige Argumente gegen eine vegane Ernährung sind, dass der Tierschutz in der Schweiz bereits ausreichend hoch ist, dass eine vegane Ernährung zu teuer ist und Mangelerscheinungen hervorruft.

Bereits das erste Argument steht auf wackligen Beinen. Viele Tiere leben auch hier noch in Massentierhaltung[5]. Um diese Situation zu verbessern, wurde die Massentierhaltungsinitiative lanciert, die ein Verbot von Massentierhaltung fordert und die voraussichtlich im Herbst dieses Jahres zur Abstimmung kommt[6].

Ob eine vegane Ernährung teurer ist als eine mit tierischen Produkten, hängt davon ab, was man isst. Sich ausgewogen mit pflanzlichen Produkten zu ernähren, ist auch für wenig Geld möglich[7].

Dass es überhaupt möglich ist, klimaschädliche Fleischprodukte billiger zu verkaufen als vegane Alternativprodukte, liegt übrigens auch daran, dass die Fleisch- Milch- und Eierindustrie in der Schweiz vom Bund finanziell unterstützt wird. Die Subventionen für tierische Produkte machen dabei 82% aller Subventionen für Lebensmittel aus[8]. Dies liegt vor allem an der Fleisch- und Milchlobby, welche im Parlament gut vertreten ist.

Ausserdem kann die Milchlobby in der Schweiz Kuhmilch an Schweizer Schulen als «gesunde Ernährung» bewerben, was von Tierschützer*innen zu Recht kritisiert wird[9]. Denn die Erzählung der glücklichen Kuh auf der Weide ist leider meist nicht mehr als eine Erfindung, die unser Gewissen beruhigen sollte.

Wer sich ausgewogen ernährt, sollte auch als Veganer*in keine aussergewöhnlichen Mängel zu befürchten haben. Lediglich das Vitamin B12 kommt nicht in der pflanzlichen Ernährung vor, was jedoch durch ein Präparat eingenommen werden kann. Wer jetzt denkt: «Ich will keine Nahrungsergänzungsmittel nehmen», vergisst, dass zur menschlichen Lebensmittelproduktion gezüchtete Tiere oft zu wenig draussen sind, um selbst das Vitamin B12 zu produzieren und es ihnen häufig auch per Präparat verabreicht wird[10].

Ausserdem ist in vielem Fleisch Antibiotika erhalten, welches den Tieren – übrigens auch präventiv – verabreicht wird. Dies, obwohl es gegen das Schweizer Tierschutzgesetz verstösst[11].

Dass wir die Welt allein damit retten, dass wir uns vegan ernähren, ist leider trotz all diesen Fakten falsch und entspricht dem bürgerlichen Lügenmärchen der Eigenverantwortung, mit der wir die Klimakrise stoppen könnten. So ist es unmöglich durch Veganismus so viel CO2 einzusparen, wie der Finanzplatz Schweiz jedes Jahr verursacht, selbst wenn alle Menschen in der Schweiz mitmachen würden[12]. Traurig, aber wahr - mit Hummus allein lässt sich nicht gegen den ansteigenden Meeresspiegel, Dürren, Hunger, aussterbende Arten und das Schmelzen der Polkappen ankommen.

Viel mehr ist eine staatliche Förderung veganer Produkte anstelle der Subventionen für tierische Lebensmittel und Aufklärung über vegane Ernährung anstelle von Milchwerbung auf dem Pausenhof nötig. Dies als Teil eines Klimaplans, der natürlich noch viel weiter gehen müsste. Ausserdem müsste eine solch grosse Umstrukturierung der Lebensmittelindustrie politisch gut umgesetzt werden, also ohne, dass Bäuer*innen, die heute Milch, Eier und Fleisch produzieren, dabei ihre Arbeit und somit ihr Einkommen verlieren. Die Bekämpfung der Klimakrise muss auch in diesem Bereich sozial gerecht umgesetzt werden.
Persönlich kann ich trotzdem allen eine vegane Ernährung ans Herz legen, die sich dafür entscheiden können. Es fördert das Bewusstsein, was man eigentlich isst, ist oft gesünder und es bietet eine riesige Vielfalt, die es zu entdecken gilt.

Text von Céline Demierre


[1] https://veganuary.com/wp-content/uploads/2021/03/Veganuary-2021-Kampagnenbericht.pdf (13.1.2022)

[2] https://www.watson.ch/schweiz/leben/800495410-doppelt-so-viele-menschen-in-der-schweiz-leben-vegan-wie-2020 (13.1.2022)

[3] https://www.wwf.ch/de/unsere-ziele/veganuary-gehen-wirs-gemeinsam-an (13.1.2022)

[4] https://www.peta.de/themen/wasser/ (13.1.2022)

[5] https://www.peta-schweiz.ch/argumente-gegen-vegan (13.1.2022)

[6] https://massentierhaltung.ch/initiative/ (18.1.2022)

[7] https://vegan.ch/2020/10/wie-teuer-ist-vegan-essen-wirklich-wir-vergleichen/

[8] https://blog.zhaw.ch/eat-grow-change/2021/08/06/steuermillionen-fur-fleischwerbung-alles-andere-ist-beilage/ (13.1.2022)

[9] https://www.watson.ch/schweiz/tier/176085472-swissmilk-verteilt-milch-an-schulen-tierschuetzer-rufen-zum-boykott-auf (13.1.2022)

[10] https://www.peta.de/neuigkeiten/b12-nutztiere/#:~:text=Um%20dem%20entgegenzuwirken%2C%20enthalten%20Futtermittel,k%C3%BCnstliche%20Zus%C3%A4tze%20der%20Fall%20ist. (18.1.2022)

[11] https://www.swissveg.ch/antibiotika?language=de (13.1.2022)

[12] https://www.greenpeace.ch/de/story/21064/der-schweizer-finanzplatz-muss-klimafreundlicher-werden/ (28.1.2022)