Gestern Abend demonstrierten mehr als 1'000 junge Menschen lautstark, kreativ und bunt für mehr Freiraum und Engagement. Die Tanzkundgebung gegen die Schliessung des autonomen Wohnzentrums Binz hätte als eine der erfolgreichsten und breitesten Jugenddemos der letzten Jahre in der Stadt Zürich in die Geschichte eingehen können - aber es kam einmal mehr anders.
Das anliegen ist klar: „Binz bleibt Binz!" skandierte und sang die Jugend, die am Samstagabend friedlich durch die Strassen von Zürich zog und sich so gegen die Räumung des Fabrikareals wehrte. Die so genannte „Aufwertung" der Stadt bedeutet für die grosse Mehrheit der Menschen Verdrängung und langweilige Sterilität. Die Mietkosten explodieren, der öffentliche Raum wird immer knapper und der Platz für selbstverwaltete und alternative Kultur-, Bildungs- und Wohnzentren wird immer mehr eingeschränkt.
Dagegen richtete sich die Demo. Junge Menschen mit verschiedensten sozialen Hintergründen, mehr oder weniger politisch engagiert aber einig in der Sache. Friedlich und farbig zogen sie tanzend durch die nächtlichen Gassen und wollten dafür sorgen, dass ihr Anliegen nicht vergessen wird.
Leider aber kam es wie meistens anders: Statt dem Anliegen nach Selbstverwaltung, Freiraum und Kreativität steht in der öffentlichen Wahrnehmung einmal mehr die Gewalt im Vordergrund. Schuld sind ein paar Duzend gewaltbereiter und dummer Chaoten, die ihrem destruktiven Zerstörungsdrang freien Lauf liessen. Bis spät ihn die Nacht hinein lieferten sie sich Strassenschlachten mit der Polizei und richteten einen enormen Sachschaden an - tragen muss ihn die Öffentlichkeit. Alles Unverständnis, aller Protest der Demonstrierenden nützte nichts, die Party wurde gecrasht und musste in der Folge aufgelöst werden.
Einmal mehr siegten also auch an diesem Abend jene Kräfte, die an einem gesellschaftlichen Wandel gar nicht interessiert sind. Die alte und ewig gleich ablaufenden „Räuber und Gendarm"-Spiel ist in Zürich ein Problem fast aller Demos und politischen Kundgebungen. Das Resultat solcher sinnloser Gewalt ist auch eine grosse polizeiliche Repression. An Grossanlässen wie dem 1. Mai konnte das Problem über die Jahre eingedämmt werden, allerdings nur mit einer massiver Repression unter welcher die Allgemeinheit zu leiden hat. An zahlreichen Veranstaltungen bleibt die ständige Furcht vor Ausschreitungen bestehen, die jeglichen politischen Inhalt zerschlagen.
Die Frage die nach gestern deshalb gestellt werden muss, lautet: Was wäre, wenn die progressiven Kräfte in der Stadt Zürich ihre Anliegen ohne Angst vor Krawallanten auf der Strasse äussern könnten? Ich bin sicher: Fortschritt wäre möglich. Die zahlreichen friedlichen Jugendlichen vom Samstagabend stehen dafür.