Positionspapier ZKB: Eine Bank fürs Volk

01.01.2017

Einleitung

Die Weltwirtschaft befindet sich in einer systemischen Krise. Die Hypotheken-Krise in den USA war wie auch die momentane Euro-Krise Resultat bürgerlicher Politik nach einer neoliberalen Logik, die das Kapital vollständig entfesseln will. Gezielt wurden weltweit immer mehr Kreditinstitute privatisiert und von Regeln befreit, damit sich auf zügellosen Finanzmärkten jenseits der Realwirtschaft massenhaft virtuelles Buchgeld herzaubern lässt.

Der Schweizer Ökonom Peter Hablützel hat völlig Recht, dass man mittlerweile von einer „Finanzindustrie“ sprechen muss. Denn diese Finanzindustrie handelt und spekuliert ohne realen Wert zu schöpfen und sichert sich dabei Profite in einer völlig irrationalen Höhe. Das gesamte Buchgeld, das pro Jahr auf den Finanzmärkten geschaffen wird, ist 75mal höher als das Bruttosozialprodukt der Welt!Unsere kapitalistische Wirtschaftsform drängt stets danach neue Märkte zu erschliessen. Weil dem Wachstum in der Realwirtschaft gewisse Grenzen gesetzt sind,flüchtet sich das Kapital in die entfesselten Finanzmärkte. Hier kann in Sekundenschnelle enormer Profit generiert werden.

Die Privatisierungs-und Deregulierungswelle im Bankenbereich ist besorgniserregend. Für märchenhafte Renditeerwartungen vergessen Banker die Prinzipien von Verstand und Moral. Uns Sozialistinnen und Sozialisten ist klar, dass die Gleichung „mehr Risiko ist mehr Gewinn“ nicht aufgeht, weil das Risiko nicht die Gewinner tragen, wie beispielsweise bei der UBS Rettung mittels 68 Mia Fr. durch das Steuervolk deutlich wurde. Wir stehen zu Staat und demokratischer Partizipation, gerade wenn es um die öffentlichen Dienstleistungen der Banken geht. Dennsie werden von allen beansprucht, übernehmen eine Schlüsselrolle in unserer Wirtschaft und gehören daher zur Grundversorgung. Der Service Public muss verteidigt, umgestaltet und ausgebaut werden.

Wir und die ZKB

Grundsätzliches

Die JUSO steht fest hinter der altbewährten Idee der Kantonalbanken. Der Zürcher Kantonalbank (ZKB) als staatlicher Bank kommt in unserem Kanton eine zentrale Rolle zu. Die ZKB sorgte sich seit der Gründung 1870 insbesondere um Hypothekarkredite an Arbeitnehmende und industriellenKleinunternehmen der unteren Mittelschicht, die von privaten Banken ignoriert wurden. Zudem untersteht die ZKB einem öffentlichen Leistungsauftrag. Er umfasst die breite Dienstversorgung, nach wie vor die Berücksichtigung kleiner und mittlerer Unternehmen, die kulturellen Erhaltung des Kantons sowie die ökologischen Nachhaltigkeit. Die Bank untersteht der Kontrolle des Kantonsrates, der die oberste Betriebsinstanz, den Bankrat, wählt. Dies ist eine hervorragende Ausgangsposition für eine funktionierende öffentliche Finanzdienstleistung unter Aufsicht des kantonalen Parlamentes.

Kritischer Rückblick

Trotz ihrem klaren Leistungsauftrag und den darauf basierenden Richtlinien, hat die ZKB in den letzten Jahren immer wieder die eigenen Spielregeln verletzt oder sich solange an dubiosen Geschäften beteiligt, wie der öffentliche Druck der Medien es erlaubt hatte.

Einer der grössten Geschäftsskandale stellte 2006/2007 der Optionen-Verkauf der ZKB von diversen Firmenbeteiligungen (z.B. Sulzer AG Winterthur) an den russischen Oligarchen Viktor Vekselberg dar. Die ZKB wusste, dass Vekselberg dem sog. Geschäft der Private-Equity-Gesellschaften (PEG)1nachkommt und hat die Firmen, deren Anteile schliesslich verkauft wurden, nicht darüber informiert, sondern sie dem Risikoeiner feindlichen Übernahme ausgesetzt. Zwar hat die ZKB danach ihre Richtlinien dahingehend korrigiert, dennoch ist unklar, wie viele derartige Fälle noch im Dunkeln liegen.

Ebenfalls zweifelhaft erscheint beispielsweise der ZKB-Rückzug aus dem Iran-Geschäft vergangenen Jahres. Nach Insider-Informationen wäre dieser Schritt unter dem Druck der US-amerikanischen Behörden geschehen, die das Atomprogramm der iranischen Regierung mit besonderem Argwohn beobachten. Ob sich die ZKB an der riesigen Nuklearwaffenforschung im Iran (indirekt) beteiligt hat, ist wegen ihres kommentarlosen Zurückschleichens bis heute unklar. Fraglos hingegen ist, dass sich die ZKB nicht an Projekten beteiligen darf, bei denen menschenrechtliche Belange vor Gericht noch ungeklärt sind.Im Jahr 2007 hat sie im Zuge des Baus des Ilisu-Staudamms dennoch das Gegenteil zu erwägen versucht.

Seit einigen Jahren ist die ZKB vermehrt in Geschäfte im Ausland involviert. 2010 kaufte die ZKB beispielsweise eine Bank in Österreich auf. Diese neue Ausrichtung der Bank wurde in der Vergangenheit von vielen kritischen Debatten begleitet: Soll die ZKB, die ursprünglich einzig eine Bank des Zürcher Volkes sein sollte, auch in weiter ferne geschäften? Ist es richtig, dass eine Bank, die Staatsgarantie geniesst und deren Leistungsauftrag an den Kanton geknüpft ist, sich ausserhalb dieser Grenzen undurchsichtige Spekulationseskapaden leistet? Die JUSO fordert, dass sich die ZKB wieder auf ihr Kerngeschäft fokussiert, die Kreditvergabe an Arbeitnehmende und Kleinunternehmen.Besonders die Tätigkeiten der Tochtergesellschaft der ZKB auf Guernsey sollen eingestellt werden. Die Ärmelkanal-Insel ist als Steuerhinterziehungsparadies bekannt und bietet sich für umstrittene Finanzgeschäfte an.

Zurzeit ist die brennendste Frage die nach der Steuerhinterziehung. Erneut deckte der US-amerikanische Fiskus im Frühjahr 2012 die Steuerhinterziehungsgeschäfte mehrerer schweizerischen Banken auf. Die ZKB blieb bisher unbehelligt, hat sich aber erneut überraschend aus dem gesamten US-Geschäftzurückgezogen. Dennoch ist klar, dass sich die ZKB offen zu derartigen Geschäften bekennt, da das schweizerische Recht immer noch zwischen Steuerhinterziehung und -betrug unterscheidet.

Die Zukunft der ZKB

Demokratische Kontrolle

Wir stellen uns klar hinter die Wirtschaftsdemokratie und die dreifache Kontrolle durch Volk, Staat und Belegschaft.

Für uns beginnt Demokratie in der Wirtschaft am Arbeitsplatz. Jede Art von staatlichem Besitz oder Regulierung ist hinfällig, wenn die Arbeitnehmerschaft nicht einmal über den Mehrwert mitbestimmen kann, den sie selbst schöpft. Innerhalb der ZKB müssen gleich lange Spiesse für einen Ausgleich der Interessen geschaffen werden. Dazu organisieren sich die Angestellten in einem von ihnen gewählten Betriebsrat, der ihre Interessen im Bankrat konsequent vertritt. Der Bankrat wird umgestaltet. Neu besteht er drittelsparitätisch aus vom Kantonsrat gewählten VertreterInnen,aus VertreterInnen desBetriebsrats und der Gewerkschaften und aus externen VertreterInnenvon KMU-Verbänden. Weiterhin sollen dem Bankrat ein dreiköpfiges Präsidium angehören. Die Generaldirektion wird wie bis anhin vom Bankrat gewählt, wobei der Betriebsrat über ein Vetorecht verfügt. Sie ist durch den Bankrat abwählbar und gegenüber Betriebs-und Bankrat uneingeschränkt rechenschaftspflichtig.

Der Wille des Volkes ist das Wesen der Demokratie, auch die Wirtschaft muss dem Souverän unterstehen, und nicht umgekehrt! Da die Staatsgarantie der ZKB die SteuerzahlerInnen des Kantons haftbar macht, müssen sie entscheidenden Einfluss nehmen können. Die internen Richtlinien, die für die Ausrichtung der Geschäftsstrategie bindend sind, werden neu im Kantonalbankgesetz verankert. Die StimmbürgerInnen haben so die Möglichkeit per Initiative oder Referendum die internen Richtlinien und die Geschäftsstrategie direkt mitzubestimmen.

Der Staat ist das demokratisch legitimierte Instrument, um den Willen des Volkes auszuführen. Der Kantonsrat als politische Oberaufsichtder Bank muss die Geschäftspolitik klar regeln, um seiner Wirtschafts-und Fiskalpolitik nachkommen zu können. Er soll jährlich das Bankratspräsidium bestätigen. Es bleibt ihm möglich, das Bankratspräsidium abzusetzen. Zudem soll der Kantonsrat ein unabhängiges Kontrollgremium aus Fachkundigen, Arbeitnehmer-und Umweltorganisationen beauftragen, das dem Kantonsrat jährlich einen Bericht vorlegt.

Transparente und gerechte Geschäftspolitik

Auf eine demokratischere Struktur der Bank folgt eine Geschäftspolitik, die demokratisch legitim sein muss. Die ZKB kann diesem Auftrag nur nachkommen, wenn sie sich primär für die Interessen der kantonalen Bevölkerung einsetzt, die mit der Staatsgarantie für jedes Versagen der Bank haftet. Die ZKB soll sich auf die Aufgaben einer klassischen Spar-und Kreditbank rückbesinnen und sich im Besonderen dem günstigen Wohnungsbau annehmen.

Die Lohnpolitik hat erschreckende Auswüchse genommen: Die Lohnspanne beträgt 1:143, was jeder Art von Leistungsgerechtigkeit vehement widerspricht. Wir fordern einen Maximallohn, der demLohn des Regierungsrates entspricht. Dasselbe gilt für das Bankratspräsdium.Boni werden keine mehr ausbezahlt. Da die Bank nur dank den Sparerinnen und Sparern im Kanton Zürich Profit schöpfen kann, sollten grössere Teile dessen in die öffentliche Gewinnausschüttung und ins Eigenkapital fliessen. Ausserdem legt die ZKB einen verbindlichen Mindestlohn (2/3 des schweiz. Medianlohns bei Inflationsausgleich) in ihren Richtlinien fest.

Auch aus der Finanzkrise sollen für die Geschäftspolitik der ZKB entsprechende Schlüsse gezogen werden. Ein gewichtiger Teil des Ausserbilanzgeschäftes der Bank ist der Derivathandel. Wir fordern, dass die ZKB sich aus dem Handel mit allen Termingeschäften, welche einzig spekulativen Nutzen haben, und Kreditausfallversicherungen verabschiedet. Diese Finanzkonstrukte wetten auf eine angestrebte Kursänderung, was die Preisbildung an den Märkten noch grober verzerrt, keinen realen Mehrwert schafft und mit ihrer Marktabhängigkeit eine enorm gefährliche Dynamik entwickelt. Desweiteren darf sich die ZKB in keinster Weise am Waffengeschäft, der Atomkraft, der Nahrungsmittelspekulation und Private-Equity-Gesellschaften mehr beteiligen.

Es kann nicht sein, dass die ZKB Hand bietet zur Steuerhinterziehung! Die ZKB, selbst in Staatsbesitz, muss sicherstellen, dass sie keine Gelder annimmt, welche nicht korrekt versteuert wurden. Es muss eine konsequente Weissgeldstrategie verfolgt werden.

Um ein sicheres wirtschaften sicherzustellen muss die ZKB ihr Eigenkapital erhöhen. Die vergangenen Jahre haben gezeigt, wie schnell eine Bank ins taumeln geraten kann -nicht zuletzt, weil sie selbst nicht genug vorgesorgt hat. Die ZKB ist gegenüber der Zürcher Bevölkerung zu verantwortungsbewusstem Handeln verpflichtet, wozu auch ein höheres Eigenkapitalgehört.

Um die Geschäftspolitik für die Bevölkerung überprüfbar zu machen, muss Transparenz über die Tätigkeitsfelder der ZKB herrschen. Es ist untragbar, dass zweifelhafte oder gar kriminelle Geschäfte erst durch aufwendige Recherchen an die Öffentlichkeit gekommen sind. Deshalb sollen alle Kredite, Beteiligungen und Investitionen für die zuständige Kantonsratskommission (Aufsichtskommission über die wirtschaftlichen Unternehmen)unter Berücksichtigung des Datenschutzes einsehbar sein. Um letztendlich demZiel einer Bank für Kanton und Gemeinden näherzukommen, sollen diese bei der ZKB dieMöglichkeit haben, für Kreditanfragen mit politischer Legitimation zu besonders niedrigen Zinsen Geld zu leihen.

Es ist zwar höchst erfreulich, dass die Gewinne der ZKBnicht irgendwelchen Aktionären sondern dem Kanton und den Gemeinden zugute kommen. Doch leider tragen diese Gewinne nicht zum Wohlergehen des Kantons und der Gemeinden bei. Denn die Bürgerlichen im Kantonsrat senken Jahr für Jahr die Steuern so viel wie möglich und noch weiter. Resultat dieser Politik der leeren Kassen sind radikal zusammenkürzende Sparprogramme. Folglich werden die Gewinne der ZKB durch Steuersenkungen gleich wieder in Luft aufgelöst und den Reichsten im Kanton per Steuergeschenk in den Rachen geworfen. Die JUSO fordert daher, dass die ZKB-Gewinne diesem traurigen Spiel entzogen werden und stattdessen sinnvollen Investitionen dienen. Sie sollen in einen Fonds einbezahlt werden, der zweckgebundene Projekte von Gemeinden und Kantonen finanzieren soll.

Die 10 wichtigsten Forderungen der JUSO:

  • Ethisches Handeln: Die Richtlinien der ZKB zum ethischen, sozialverträglichen und ökologischen Handeln sollen nicht nur für Geschäfte innerhalb des Kantones, sondern für alle Geschäfte gelten.
  • Keine dubiosen Geschäfte: Die ZKB beteiligt sich in keinster Weise am Waffengeschäft, der Atomkraft, der Nahrungsmittelspekulation und Private-Equity-Gesellschaften.
  • Eine Bank für die Lohnabhängigen und Kleinunternehmer: Die ZKB besinnt sich auf ihr Kerngeschäft zurück, das einer klassischen Spar-und Kreditbank.
  • Mitbestimmung der Mitarbeiter: Die Belegschaft der ZKB muss als starke Stimme im Bankrat vertreten sein und die Geschäftspolitik massgeblich mitbestimmen können.
  • Lohngerechtigkeit: Kein Lohn innerhalbder Bank oder des Bankratspräsidiums darf den Lohn eines Regierungsrates übersteigen. Es wird ein Mindestlohn festgelegt.
  • Weissgeldstrategie: Die ZKB nimmt keine Gelder an, die nicht korrekt versteuert wurden.
  • Eine sichere Geschäftspolitik: Die ZKB erhöhtihr Eigenkapital.
  • Mehr Transparenz: Investitionen und Kredite sind der zuständigen Kantonsratskommission zugänglich.
  • Niedrige Zinsen: Kanton und Gemeinden habenbei der ZKB dieMöglichkeit, für Kreditanfragen mit politischer Legitimation zu besonders niedrigen Zinsen Geld zu leihen.
  • Stoppt die Politik der leeren Kassen: Die Gewinne der ZKB kommen in einen Fonds, wo sie für zweckgebundene Ausgaben angefordert werden können.

1Dabei übernimmt ein Käufer die Mehrheit der Firmenanteile, indem er enorm viel Fremdkapital für wenig Risiko bereitstellt, dafür aber die Geschäftspolitik des Unternehmens bzw. Konzern praktisch diktieren kann. Um nun trotz geringem Risiko die Rendite hochschiessen zu lassen, wird alles menschenmögliche unternommen, um nach einer gewissen Periode zum richtigen Zeitpunkt den Profit zu maximieren; egal, welche Konsequenzen folgen. Die meisten Konzerne sind nach wenigen Jahren bankrott (deshalb hat sich im englischen Raum der Begriff “corporate raider” und bei uns “Heuschrecken” für PEG-Käufer durchgesetzt).